„ÜBER GELD SPRICHT MAN NICHT“ – SOLLTE MAN ABER!

Posted on 05 Juli 2022 In Neuesten Nachrichten

Vor- und Nachteile von Gehaltsangaben in Jobprofilen

Was Gehaltstransparenz betrifft, herrscht in Deutschland alles andere als eine offene Kommunikation. Während von Bewerbern meist schon früh eine konkrete Aussage zu Gehaltsvorstellungen erwartet wird, halten sich Arbeitgeber gerne bis zum Ende bedeckt. Aber ist das wirklich die beste Herangehensweise oder schaden sich Unternehmen damit am Ende nur selbst?

Die anderen machen’s vor

In Ländern wie Frankreich oder Großbritannien ist eine Gehaltsangabe im Jobprofil bereits die Norm und bei unseren Nachbarn in Österreich sogar gesetzlich vorgeschrieben 1. Wieso ist diese Entwicklung also noch nicht in Deutschland angekommen? Das Gehalt nicht anzugeben, scheint zunächst der bequemere Weg zu sein. Immerhin fürchten viele Unternehmer interne Konflikte, sollten sich bestehende Mitarbeiter gegenüber Bewerbern finanziell benachteiligt fühlen. Erschwerend kommt dazu, dass viele kleinere und mittelständische Unternehmen oft nicht in der Lage sind, mit den Gehältern großer Konzerne zu konkurrieren und daher das Gehalt nicht offenlegen wollen – in der Hoffnung vielversprechende Kandidaten nicht von vornherein durch eine zu niedrige Kompensation abzuschrecken.

Vier gute Gründe für Gehaltsangaben in der Stellenanzeige

 #1 Interaktion auf Augenhöhe

Ohne die Gehaltsangabe im Stellenprofil besitzen Arbeitgeber gegenüber Bewerbern einen gewissen Informationsvorsprung, der im Laufe des Bewerbungsprozesses zu einem Ungleichgewicht in der Kommunikation führen kann. Gehaltstransparenz hingegen schafft nicht nur die gemeinsame Basis für eine offene Kommunikation zwischen beiden Seiten, sondern vermittelt auch Vertrauen und Wertschätzung, weil sie einer finanziellen Benachteiligung von Bewerbern vorbeugt.

#2 Gleichberechtigung beginnt bei der Erwartungshaltung

Marktforschungen des Jobportals Stepstone haben ergeben, dass Frauen meist mit einer niedrigeren Gehaltsvorstellung in das Berufsleben starten als Männer. Für Lohngerechtigkeit ist es allerdings elementar, dass Bewerber jedes Geschlechts mit vergleichbaren Erwartungen in Gehaltsverhandlungen gehen können. Gehaltsangaben in Stellenprofilen ermöglichen genau das und sorgen somit aktiv für die Verringerung der Gender-Pay-Gap.

#3 Gehaltsangabe steigert die Attraktivität der Stellenanzeige

Befragungen der Jobbörse Adzuna haben ergeben, dass 60 Prozent der potentiellen Bewerber eine Stellenanzeige mit Gehaltsangabe einer identischen Anzeige ohne Angabe vorziehen würden. Wenn also auch für einen kleinen Teil an Bewerbern die ausgeschriebene Stelle aufgrund des Gehalts nicht in Frage kommen sollte, so ist die Stellenanzeige doch insgesamt für über die Hälfte der Jobsuchenden attraktiver als ohne Gehaltsinformation.

#4 Bessere Entscheidungsgrundlage verringert die Abbruchraten

Nach wie vor spielen Lohn und Gehalt für viele Kandidaten eine maßgebliche Rolle bei der Jobsuche. Wenn Bewerber von Beginn an prüfen können, ob das gebotene Gehalt mit ihren finanziellen Bedürfnissen übereinstimmt, sorgt das für eine geringere Abbruchrate während des Bewerbungsprozesses und somit für eine enorme Zeit- und Kostenersparnis auf Unternehmensseite.

So klappt es mit der Gehaltstransparenz in Jobprofilen

Zusatzleistungen hervorheben

Was kleineren Unternehmen an finanziellen Ressourcen fehlen mag, das gleichen sie durch andere individuelle Vorzüge aus. Diese sollten in Jobprofilen betont werden. Spielen Sie Ihre Stärken aus und bringen Sie neben der Gehaltsangabe auch Zusatzleistungen, wie flexible Arbeitszeiten oder Möglichkeiten zur Weiterbildung, in Ihren Stellenanzeigen klar zur Geltung.

Mindestgehalt statt Gehaltsspanne angeben

Bewerber geben sich bei der Angabe einer Gehaltsspanne für gewöhnlich nicht mit dem unteren Ende dieser zufrieden. Verständlich, wenn einem von Beginn an vor Augen geführt wird, welches Maximalgehalt im Idealfall möglich ist. Mit der Formulierung eines Mindestgehalts gehen Sie dieser Problematik elegant aus dem Weg und bewahren sich dennoch einen gewissen Spielraum, um gegebenenfalls auf höhere Gehaltswünsche von Top-Kandidaten reagieren zu können.

Über Geld sprechen – vor allem intern

Gehaltstransparenz beginnt idealerweise nicht erst im Recruiting, sondern bereits mit einer offenen Kommunikation innerhalb des Betriebs. Ihre Mitarbeiter werden mit ihrer eigenen finanziellen Stellung im Unternehmen eher im Reinen sein, wenn sie nicht das Gefühl haben, insgeheim übervorteilt zu werden. Transparente und schlüssige Gehaltsstrukturen können bösem Blut vorbeugen und sind zudem eine gute Basis für die Gehaltsangaben in ihren Stellenanzeigen.

Fazit: Offenheit gewinnt

Es ist nicht verwunderlich, dass sich in einem Land, in dem man nach wie vor nur hinter vorgehaltener Hand über finanzielle Angelegenheiten spricht, auch die Gehaltstransparenz noch nicht durchgesetzt hat. Doch deutsche Arbeitgeber beweisen Weitsicht und integrieren zunehmend Gehaltsinformationen in ihre Stellenanzeigen. Ein notwendiger Schritt, wenn sie auf einem Bewerbermarkt konkurrenzfähig bleiben und vielversprechende Talente von sich überzeugen wollen. Denn das gelingt um einiges besser, wenn man offen und auf Augenhöhe miteinander spricht – auch oder gerade übers Geld.

 

Quellen:

https://www.stepstone.at/Karriere-Bewerbungstipps/stelleninserate-unter-angabe-der-vergutung-wissen-was-man-bekommt/ (Regelung AT)

https://www.adzuna.de/blog/2019/01/11/umfrage-gehaltstransparenz/

https://news.kununu.com/gehaltsangabe-stellenausschreibung/

https://www.humanresourcesmanager.de/recruiting/gehoert-die-gehaltsangabe-in-stellenanzeigen/

https://www.stepstone.de/e-recruiting/blog/gehaltsprognosen-in-stellenanzeigen-ein-ruck-und-ausblick/

https://www.stepstone.de/e-recruiting/blog/gender-pay-gap-beginnt-schon-bei-der-stellenanzeige/ 


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